HSL DIVISION INTERMODAL

Digitale Zug-Dispo für Container

Softwareprodukte für die Lkw-Disposition gibt es viele. Doch für die digitalisierte Planung von Intermodalzügen konnte Haeger & Schmidt Logistics (HSL) kein passendes Tool am Markt identifizieren. So hat das Unternehmen mit dem „Train-Optimizer“ eine eigene digitale Lösung entwickelt, die sich aktuell in der Pilotphase befindet.  

Einen intermodalen Verkehr auf der Schiene zusammenzustellen, ist eine komplexe Aufgabe. Schon auf einem einzigen HSL-Ganzzug haben 92 TEU (20-Fuß-Container) Platz. Bei täglichen Abfahrten zwischen den Seehäfen und dem Hinterland kommen schnell über 700 zu disponierende Stellplätze pro Woche zusammen. „Eine der Herausforderungen dabei sind die sich permanent ändernden Plandaten, beispielsweise durch verspätete Seeschiffsankünfte oder -abfahrten. Eine andere wichtige Einflussgröße sind die verschiedenen anzufahrenden Seehafenterminals. Im Rahmen unserer Linienverkehre bedienen wir allein in Rotterdam fünf verschiedene Terminals“, berichtet Ed van de Velde, der am niederländischen HSL-Standort Ridderkerk die Seehafenplanung der Intermodalverkehre leitet.   

Maximal fünf Minuten für die Basisplanung  
Der digitale Train-Optimizer soll van de Velde und sein Team künftig bei ihrer Arbeit unterstützen. Dieser ermittelt auf Basis der vorhandenen Plandaten und Restriktionen automatisiert die optimale Zugbelegung. „Maximal fünf Minuten dauert die Berechnung, die wir zweimal am Tag durchlaufen lassen“, sagt Torben Radtke, der Ideengeber für das Projekt. Der HSL-Mitarbeiter schätzt, dass sich mit dem Algorithmus perspektivisch etwa 80 Prozent der Planung abdecken lassen. Für van de Velde entfällt damit das mehrmals tägliche manuelle Nachsteuern, wenn sich transportbezogene Daten ändern. Es bleibt ihm mehr Zeit, sich auf den Kern seiner Arbeit zu konzentrieren: Die Prozesse als Ganzes zu optimieren, und gegebenenfalls Einflussfaktoren wie die Priorisierung der Container anzupassen.  

Bei täglichen Abfahrten zwischen den Seehäfen und dem Hinterland kommen schnell über 700 zu disponierende Stellplätze pro Woche zusammen. Bildquelle: HSL

„Auch die Kunden profitieren von der digitalen Disposition. Sie können sich bereits bei der Buchung sicher sein, das HSL die bestmögliche Verbindung für die gebuchten Container identifiziert und diese anpasst, sobald sich Seeschiffsankünfte und -abfahrten verschieben. Diese Verlässlichkeit ist gerade angesichts der volatilen Lieferketten ein wichtiger Pluspunkt für die Verlader“, erklärt Jens Möller, General Manager der HSL-Division Intermodal.  

Masterarbeit war Auslöser  
Ausgangspunkt für den Train-Optimizer war die Masterarbeit von Radtke. Der Ursprungsgedanke war, einen intelligenten Algorithmus zu entwickeln, um die Lkw-Umfuhren im Hafen Rotterdam zu minimieren. Schnell stellte sich heraus, dass die sich ständig ändernden Plandaten, auch ausgelöst durch aktuelle Störungen in der Lieferkette und verspätete Schiffe, die größere Herausforderung waren. Die Idee des Train-Optimizer, der alle Einflussfaktoren berücksichtigt, war geboren.   

Beste Kombination aus Billionen Möglichkeiten  
Die technische Umsetzung des Projekts realisierte René Kohlhause aus dem IT-Team von HSL gemeinsam mit dem IT-Entwicklungspartner COCUS aus Düsseldorf. In den Algorithmus fließen die gesamten Plandaten wie Cargo Opening Times und Cargo Closing Times der Schiffe, die Terminals sowie Restriktionen wie Zusammenladeverbote und Gewichtsbeschränkungen ein. Was dann im Hintergrund abläuft, ist für einen Mensch kaum fassbar. Ammon Sillah von COCUS verdeutlicht: „Auf Basis der zu verladenden Container und der verschiedenen Reisen ergeben sich mehrere Billionen Möglichkeiten, aus denen der Solver die optimale Zugbeladung ermittelt.“   

Das Ergebnis wird nach der Berechnung benutzerfreundlich in Form eines Exceldokuments ausgegeben. „Der Aufbau entspricht dem bisher genutzten Manifest, damit sich der Disponent leicht orientieren kann“, erläutert Radtke. Aktuell fährt van de Velde bei der Zusammenstellung des Zuges zweigleisig. Auf seinem Schreibtisch liegen gleichberechtigt die Planung des Train-Optimizers und seine manuell erstellte Planung. Durch den Abgleich geht er sicher, dass alle relevanten Informationen in die digitalisierte Version eingeflossen sind.   

Eingesetzt wird der Train-Optimizer in der Pilotphase für den etablierten Alsace-Rotterdam-Express. Dieser intermodale Linienverkehr umfasst acht wöchentliche Ganzzüge zwischen Straßburg/Kehl und Rotterdam. Die weitere Planung umreißt Möller: „Nach erfolgreicher Pilotphase soll das Tool fest im Planungsprozess integriert werden und auch auf weitere HSL-Produkte ausgeweitet werden.“  

Auch als Barge-Optimizer geeignet  
Das mittelfristige Ziel sei die Ausweitung der digitalen Disposition auf die regelmäßigen Container-Binnenschiffslinien, die HSL auf dem Rhein unterhält. Um den Optimizer „schifffahrtstauglich“ zu machen, bedürfe es einer separaten Ausbaustufe. Denn bei einer Stellplatzkapazität von 300 TEU pro Schiffsreise, zusätzlichen Plandaten sowie weiteren Restriktionen, laufen noch mehr Informationen zusammen. Perspektivisch kann der Train-Optimizer auch mit Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützen. „Es ist vorstellbar, dass das Tool künftig selbstständig Container auf andere Züge umbucht oder offensichtliche Fehler bei der Buchung korrigiert. Die Voraussetzung für die Implementierung der KI ist, dass ausreichend Erfahrungsdatensätze vorhanden sind“, ordnet Radtke ein.   

Bereits am Start: Der Seavessel-Optimizer  
Der Train-Optimizer ist schon das zweite Digitalisierungsinstrument, dass HSL für sein Intermodalgeschäft selbst entwickelt hat. Erst kürzlich wurde der „Seavessel-Optimizer“ eingeführt. Anhand dieser IT-Plattform, wissen HSL-Disponent:innen jederzeit, welche Seeschiffe in Antwerpen und Rotterdam an- und ablegen und wann die entsprechenden Zeitfenster für die Anlieferung/Abholung der Container geöffnet sind. Beide Tools ergänzen sich, wenn es darum geht, den besten Zug-Stellplatz für den Container zu ermitteln.   


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